
Pferdeklappe in Reutte
PresseLetzte Hoffnung für Pferde in Not
Die Pferdeklappe des Österreichischen Tierschutzvereins ist ein Ort der Rettung, der Heilung und des Neustarts für Pferde in Not. Sie kommen in unsere Obhut, weil sie misshandelt wurden oder ihre Besitzer*innen nicht mehr für sie sorgen können. Wir kümmern uns liebevoll und artgerecht um unsere Schützlinge und finden für sie ein neues, glückliches Zuhause. Bisher konnten wir über 120 Pferde retten.
Pferde sind wunderbare Tiere voller Anmut und Kraft. Sie haben ihre eigene Persönlichkeit, ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle. Sie akzeptieren uns als Partner*innen, wenn sie Vertrauen und klare Führung finden. Doch viel zu oft durchleben diese faszinierenden Wesen dunkle Kapitel in ihrem Leben, in denen sie unsere Hilfe benötigen.
Vorbildliches Pferdeschutz-Projekt
Keine andere Organisation in Österreich kümmert sich so sehr um in Not geratene Pferde wie der Österreichische Tierschutzverein. Bereits 1935 betrieb der Österreichische Tierschutzverein ein eigenes Pferdeheim im Lainzer Tiergarten in Wien. Und heute ist unsere Pferdeklappe in Tirol nicht nur die erste, sondern auch die einzige Betreuungseinrichtung dieser Art in Österreich.
Alfons Hargaßner, Geschäftsführer des Österreichischen Tierschutzvereins: „Bisher konnten wir über 120 Pferde retten, für 90 von ihnen haben wir ein neues, passendes Zuhause gefunden. Damit sind wir ein Vorbild für eine bessere Mensch-Tier-Beziehung, die auf gegenseitigem Verständnis und Mitgefühl beruht. Das ist für uns ein großer Erfolg.“
Seit 1. Oktober 2021 führen wir die Pferdeklappe in Reutte. Wir nehmen misshandelte und vernachlässigte Pferde liebevoll auf, machen sie wieder gesund und fit und bereiten sie auf ein passendes Zuhause vor, das wir für sie finden. Für diese Vision arbeitet das erfahrene Team täglich mit Fachwissen, Kompetenz und Mitgefühl.
Pferdeklappe ist bestens ausgestattet
Für dieses innovative Projekt hat die Familie Schwarzkopf-Hilti dem Österreichischen Tierschutzverein das Gestüt Stegerberg zur Verfügung gestellt. Es liegt inmitten einer wunderschönen Naturlandschaft, umgeben von der herrlichen Bergkulisse des Außerfern und den angrenzenden Allgäuer Alpen.
Zwei große Stalltrakte mit bestens ausgestatteten Boxen bieten Platz für insgesamt 28 Pferde. Dazu kommen eine große Reithalle, ein Offenstall und große Paddocks mit befestigten Sandböden. Und 3,3 Hektar Weideland – das entspricht einer Fläche von rund sechs Fußballfeldern.
Artgerechte Herdenhaltung
Tagsüber leben die Pferde in artgerechter Herdenhaltung zusammen. Auf den befestigten Ausläufen und grünen Wiesen können sie sich nach Herzenslust austoben. Die Nacht verbringen sie sicher in ihren geräumigen Stallboxen. Der modern ausgestattete Hof bietet unseren Schützlingen rundum perfekte Bedingungen zum Wohlfühlen. So verfügen wir zum Beispiel über zwei Pferdesolarien, einen Waschplatz, einen Außenplatz, eine Führmaschine, eine Waschküche, eine Futterküche mit Medikamentenschrank sowie zwei Sattelkammern. Auch gibt es ausreichend Lagermöglichkeiten für Halfter, Decken und Ausrüstung.
Retten, pflegen, vermitteln
Die Pferdeklappe ist ein Ort der Hoffnung für in Not geratene Pferde, die von ihren Besitzer*innen nicht mehr versorgt werden können, eine tragische Vorgeschichte haben oder ihr Zuhause verloren haben. Für viele Tiere sind wir die letzte Rettung vor der Schlachtbank. Wo andere aufgeben, helfen wir schnell und unkompliziert. Denn Pferde, die ihr Zuhause verlieren, werden oft von Besitzer zu Besitzer weitergereicht, an Pferdehändler verkauft oder landen auf dem Schlachthof. Gleichzeitig gibt es immer mehr tierliebe Menschen, die einem unserer Schützlinge ein neues Zuhause geben möchten. Bei uns finden diese Menschen und ihre Pferde zusammen.
Babyklappe, Modell für Pferdeklappe
Wir erhalten Anfragen für Freizeit-, Turnier- und Sportpferde. Tierpflegerin Nicole Mayrhofer: „Viele von ihnen sind verletzt, krank oder Opfer von Misshandlungen. Sie lahmen, haben kaputte Gelenke oder Sehnen. Sie sind auf einem Auge blind, haben schlechte Zähne oder beschädigte Hufe. Sie leiden unter Satteldruck, Gastritis oder Asthma.“ Für Romeo zum Beispiel, ein erfolgreiches Springpferd, bedeutete ein überraschend diagnostizierter Herzfehler nicht nur das Ende seiner Karriere, sondern auch das Ende der Beziehung zu seinem Reiter.
Aber nicht nur die Not des Pferdes, auch die Notlage ihrer Halter*innen ist ausschlaggebend für die Aufnahme in die Pferdeklappe. Viele können sich nicht mehr um ihr geliebtes Pferd kümmern, weil sie schwer erkrankt sind, ein Rosenkrieg tobt oder der Betrieb vor dem Konkurs steht. Andere können die rasant steigenden Tierarztkosten nicht mehr tragen. Der 10-jährige Friese Jelte zum Beispiel litt an einer schweren Hufrehe. Irgendwann konnte sich seine Besitzerin die Behandlung nicht mehr leisten und es drohte die Einschläferung des Hengstes.
Da die Abgabe eines schutzbedürftigen Tieres mit Angst und Scham verbunden sein kann, versuchen wir die Kontaktaufnahme so einfach wie möglich zu gestalten. Deshalb lehnt sich die Pferdeklappe auch in der Namensgebung an das Konzept der Babyklappe in Krankenhäusern an. Wie Mütter wollen auch Pferdebesitzer*innen ihren tierischen Familienmitgliedern ein gutes Leben ermöglichen.
Weder Gnadenhof noch Hospiz
In der Pferdeklappe prüfen wir jeden Fall sorgfältig. Erst dann entscheidet das Pflegeteam, ob das Tier auf den Hof kommt oder ob es eine Alternative gibt. Denn unser Platzangebot ist begrenzt und unser Ziel ist es, alle Pferde wieder zu vermitteln, um weitere Pferde retten zu können. So können wir insgesamt viel mehr Tieren helfen, anstatt wie ein Gnadenhof irgendwann überbucht zu sein. Deshalb nehmen wir nur selten sehr alte oder schwer kranke Pferde auf. In solchen Härtefällen helfen wir den Besitzer*innen aber gerne mit unserem exzellenten Netzwerk bei der Vermittlung an einen Gnadenhof.
Individuelle Betreuung für jedes Tier
Jedes neu aufgenommene Pferd wird von einem Tierarzt untersucht. So wissen wir, welche Behandlung es braucht: zum Beispiel einen Zahnarzt, einen Osteopathen, einen Hufschmied oder einen Hufspezialisten. Wir erstellen für sie individuelle Betreuungspläne, um ihnen die besten Voraussetzungen für den Neu-Start zu geben. Wenn nötig, ziehen wir auch Experten hinzu, um das Pferd wieder gesund und fit zu machen. Es soll seine traurige Vergangenheit hinter sich lassen können und ein neues Leben voller Liebe und Fürsorge erfahren.
Die meisten Tiere zeigen sich anfangs verunsichert. Kein Wunder, sie haben gerade ihr vertrautes Zuhause oder ihre Herde verloren. Pferde sind sensible Tiere, sie fühlen sich in der fremden Umgebung zunächst verloren und müssen sich erst zurechtfinden. Für viele bedeutet dies großen Stress. Deshalb versuchen wir, ihnen die Eingewöhnungsphase so leicht wie möglich zu machen.
Vertrauen aufbauen mit dem Pferd
Da unsere Schützlinge meist Opfer von Menschen oder Umständen sind, müssen fast alle wieder lernen, Menschen zu vertrauen. Doch Vertrauen zu einem traumatisierten Pferd aufzubauen, ist ein schwieriger Prozess. Wie geht das? Zum Beispiel, indem man dem Pferd zeigt, dass es viele schöne Dinge im Leben eines Pferdes gibt.
Tierpflegerin Nicole Mayrhofer: „Das kann reichlich gutes Futter sein. Oder, dass es schön ist, Teil einer Herde zu sein. Die meisten unserer Pferde erleben bei uns zum ersten Mal eine liebevolle Betreuung und artgerechte Haltung.“
Bevor eine Partnerschaft entstehen kann, müssen wir zu jedem Tier mühsam eine Beziehung aufbauen. Ein gutes Beispiel dafür ist die siebenjährige Rositta: Sie wurde aus einer Stutenmilchfarm gerettet, wo sie jahrelang ausgebeutet wurde. Sie war abgemagert und depressiv. Doch wir geben nie die Hoffnung auf, ein Tier wieder gesund zu machen. Mit viel gutem Futter und liebevoller Zuwendung konnten wir sie langsam wieder aufpäppeln. Das Leben auf der Weide mit ihren Artgenossen tat ihr sichtbar gut. Sie erholte sich von Tag zu Tag und fasste langsam Vertrauen zu uns.
Kleines Wunder sorgt für Überraschung
Natürlich geschehen auch kleine Wunder in der Pferdeklappe. Zu unserer Überraschung ergab die tierärztliche Untersuchung bei Rositta, dass sie trächtig zu uns gekommen war. Pferde können ihre Schwangerschaft oft bis zur Geburt geheim halten. Nicole Mayrhofer: „Als sie ihr Fohlen Zazou zur Welt brachte, änderte sich ihr Verhalten völlig. Die Stute blühte auf und genoss ihre Mutterrolle, die ihr auf dem Stutenmilchhof immer verwehrt geblieben war.“
Sommerfrische auf der Alm
In der Pferdeklappe versuchen wir die Pferde körperlich aufzubauen und mögliche Verletzungen auszukurieren. Das braucht Zeit, ist aber meist möglich. Sind sie trittsicher und gesund, dürfen sie im Sommer auf die Alm in den Lechtaler Alpen. Dort finden sie paradiesische Bedingungen vor. Tierpflegerin Sabine Walser: „Sie verbringen den ganzen Tag mit ihrer Herde in der freien Natur und können nach Herzenslust auf saftigen Wiesen grasen. Ein Dutzend Pferde genießen die Sommerfrische in den Bergen. Im vergangenen Jahr waren darunter das Lipizzaner Fohlen Surprise und der junge Norika-Hengst Henry, er ist inzwischen ein Wallach.“
Perfekte Vermittlung als Herausforderung
Den richtigen Menschen für ein Tier zu finden, ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben. Die Suche kann Monate dauern, bis der richtige Mensch mit dem richtigen Zuhause gefunden ist. Der eine möchte mit dem Pferd spazieren gehen, der andere möchte es reiten. Wieder andere suchen nur ein Beistellpferd. Die Entscheidung treffen wir mit Bedacht. Wir führen intensive Gespräche mit den potenziellen Adoptiveltern, um sicher zu gehen, dass Mensch und Tier perfekt zueinander passen. Es gibt Pferde, die nicht zu bestimmten Menschen passen. Ein sportliches Pferd passt nicht zu einem unsportlichen Menschen.
Wer „the perfect match“ ist, entscheidet unser Team. Erst wenn wir wissen, was das Pferd mag und sicher nicht möchte, und braucht und sicher nicht braucht, geben wir es zur Vermittlung frei. Denn nur so kann eine langfristige und glückliche Partnerschaft entstehen. Mensch und Pferd gehören für uns zusammen. Wir wollen, dass es beiden gut geht. Dass eine Freundschaft fürs Leben entsteht.
Schutz des Österreichischen Tierschutzvereines
Unsere Pferde genießen ein Leben lang den Schutz des Österreichischen Tierschutzvereines. Deshalb stehen wir den neuen Besitzer*innen auch nach einer erfolgreichen Vermittlung mit Rat und Tat zur Seite. Dieses Angebot wird sehr geschätzt. Nicole Mayerhofer: “Immer wieder bekommen wir Fotos und Videos von glücklichen Menschen, die wir mit ihrem Pferd zusammengebracht haben. Es ist einfach wunderbar zu sehen, wie sehr sich die Pferde über ihr neues Leben freuen. So wie der wunderschöne Wallach Jelte, der schwer krank war und nun wieder mit wehender Mähne läuft. Das ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit.“
Für immer glücklich am Hof
Einige Pferde dürfen nicht nur vorübergehend im Pferdestall bleiben, sondern hier ihren Lebensabend glücklich verbringen. Tierpflegerin Sabine Walser: „Alte Pferde sind wie alte Bäume, die verpflanzt man nicht mehr. In unserem Oldie-Stall stehen zum Beispiel die Haflinger Marco (36) und Paula (33), die Vollblutaraber Valewska (33) und Marana (28) sowie die Esel Pauli (28) und Emil (15).“
Spenden ermöglichen unsere Hilfe
Die optimale Betreuung unserer Pferde ist sehr zeit- und kostenintensiv. Alfons Hargaßner, Geschäftsführer des Österreichischen Tierschutzvereins: „Rund 35.000 Euro pro Monat sind notwendig, um den Betrieb am Laufen zu halten und die Tiere optimal versorgen zu können. Die Kosten für Energie, Tierarzt, Therapeuten, Futter, Wasser, Instandhaltung sowie Steuern und Abgaben sind enorm. Das alles finanzieren wir zu hundert Prozent aus Spendengeldern.“
Die Pferdeklappe leistet Großartiges, kann es aber nicht allein schaffen. Unsere einzigartige Einrichtung in Reutte ist auf großzügige Spenden angewiesen, um ihre wichtige Arbeit auch in Zukunft erfolgreich fortsetzen zu können.
Alfons Hargaßner: „Nur durch die Unterstützung von Tierfreund*innen in Form von Spenden, Patenschaften oder testamentarischen Zuwendungen können wir unseren Tieren auf unseren Tierschutzhöfen langfristig ein artgerechtes und sorgenfreies Leben ermöglichen.“