
Österreichischer Tierschutzverein: Singvogelfang im Salzkammergut – Kulturerbe als Tierquälerei
PresseOTS (Wien) – Im Salzkammergut gilt der Singvogelfang als UNESCO-Weltkulturerbe. Für Stieglitz, Gimpel und andere Vögel bedeutet er jedoch massiven Stress, monatelange Käfighaltung und oft auch den frühzeitigen Tod. Diese Traditionspflege von rund 500 Menschen ist ein skurriles Relikt und steht im Widerspruch zum Tierschutzgesetz. Der Österreichische Tierschutzverein fordert daher ihr rasches Ende.
Noch bis zum 30. November fangen Vogelfänger im Salzkammergut Stieglitze, Gimpel, Erlenzeisige und Fichtenkreuzschnäbel mit ihren Netzen. Damit fristen auch heuer wieder rund 4.000 gefangene Wildtiere ihr Dasein für mehrere Monate hinter Gittern.
Skurriles Brauchtum für 500 Menschen
Warum? Damit 500 Menschen aus der Region die schönsten Vögel einem staunenden Publikum bei der Singvogelausstellung zeigen können. Traurig, aber wahr: Erst im April werden diese Wildtiere wieder freigelassen – sofern sie den Winter überlebt haben. Den zahlreichen Lockvögeln bleibt die Freiheit verwehrt, sie dürfen das ganze Jahr über hinter Gitter gehalten werden.
Vogelleid im Namen der Volkskultur
Im Salzkammergut gilt der Singvogelfang als Volkskultur. Deshalb erlaubt sie das Land Oberösterreich noch immer – und rechtfertigt damit Tierquälerei im Namen der Tradition. Diese Sonderregelung wurde 2007 vom Verfassungsgerichtshof bestätigt. Doch diesers Brauchtum verstößt gegen nationale und europäische Tierschutzgesetze.
Professor Kotrschal: Brauchtum nicht zu rechtfertigen
„Natürlich gibt es gravierendere Tier- und Artenschutzprobleme als den Singvogelfang im Salzkammergut“, weiß Biologe und Wissenschaftler des Jahres 2010, Kurt Kotrschal: „Dennoch: Diese anachronistische Brauchtumspflege mit Wildtieren ist in einer Zeit abnehmender Singvogelbestände längst nicht mehr zu rechtfertigen. Stattdessen sollte der Lebensraum für die betroffenen Arten verbessert werden, etwa durch naturnahe Waldwirtschaft.“
Gefangene Waldvögel als bestaunte Stubenvögel
Der Vogelfang im Salzkammergut, früher „Jagd des kleinen Mannes“ genannt, wurde schon 1579 von Kaiser Rudolf II. geregelt. Später entwickelte sich daraus ein Vereinsbrauchtum, das heute sogar UNESCO Weltkulturerbe ist.
Singvogelfang: Tierleid unter dem Deckmantel der Tradition!
https://tierschutzverein.at/singvogelfang-tierleid-unter-dem-deckmantel-der-tradition/
UNESCO-Kulturerbe-Status schießt den Vogel ab
Für die UNESCO ist der Vogelfang im Salzkammergut seit 2010 ein immaterielles Kulturerbe in der Kategorie „Wissen und Praktiken in Bezug auf die Natur und das Universum“. Mitglieder des „Salzkammergutverbands der Vogelfreunde“ hatten für diesen einzigartigen Status angefragt und geworben. Damit wurde der kaum bekannte Brauch stärker in der öffentlichen und touristischen Wahrnehmung verankert und zum regionalen Identitätsmerkmal geadelt.
Wildvögel leiden unter Fang und Haltung
Für die betroffenen Vögel wie Stieglitz oder Gimpel bedeutet der Brauch jedoch erhebliches Leid und Stress: Fang, Transport, monatelange Haltung in Volieren und fehlende Fluchtmöglichkeiten schwächen ihre Abwehrkräfte, stören ihre Entwicklung und führen auch immer wieder zum frühen Tod. Das ist wissenschaftlich belegt.
Brauchtum Singvogelfang beenden
Echte Tradition lebt von Respekt, nicht von Leid. Sie darf niemals Tierquälerei rechtfertigen. Der Österreichische Tierschutzverein und Kurt Kotrschal fordern daher ein Ende des Singvogelfangs im Salzkammergut. Warum sollte man Vögel weiterhin ihrer Freiheit berauben, nur um sie zum einmaligen Ausstellungsstück zu machen?
Faktenbox: Singvogelfang im Salzkammergut
Rund 500 Mitglieder der etwa 25 Vereine im Salzkammergut dürfen die Vögel fangen und in ihrer Vogelausstellung Ende November ausstellen. Präsentiert werden die schönsten Gimpel, Stieglitze, Erlenzeisige und – als „Königsklasse“ – Fichtenkreuzschnäbel.
Laut § 11 der oberösterreichischen Artenschutzverordnung „ist die Höchstanzahl der zu fangenden Vögel mit 550 je Art und Fangsaison begrenzt; dies gilt nicht für den zulässigen Fang von Lockvögeln.“
Jeder Vogelfänger darf pro Jahr bis zu vier Vögel mit Netz mit nach Hause nehmen und zusätzlich dauerhaft bis zu 10 Lockvogel (zwei pro Art, sogar vier bei Fichtenkreuzschnabel) halten. Damit verbringen bis zu 4000 Wildvögel den langen Winter in Volieren. Sie werden bis zum 10. April wieder in die Natur freigelassen – bis auf die Lockvögel, die müssen bleiben.
UNESCO-Begründung und Selbstkontrolle der gesetzlichen Vorgaben
Das Wissen und Geschick, wildlebende Vögel zu fangen und wieder auszulassen, wurde von der UNESCO als immaterielles Erbe anerkannt, nachdem ein Fachbeirat der Republik die Bewerbung einiger Vogelfänger aus dem Salzkammergut positiv bewertet hat. Der Fang und die Haltung sind gesetzlich klar geregelt. Ihre Kontrolle ist vor allem Sache der Vereinsmitglieder.
Gesetzliche Vorgaben https://www.jusline.at/gesetz/ooe_asg/paragraf/11
Rückfragen & Kontakt:
Alexios Wiklund
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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