Für uns den Österreichischen Tierschutzverein steht das Wohl der Tiere an erster Stelle.

Qualzucht – Niedlichkeit um jeden Preis

Österreichischer Tierschutzverein - Tierschutzwissen: Qualzucht, Niedlichkeit um jeden Preis.

Ob Hunde mit Stupsnasen oder Katzen mit Knickohren: Tiere mit vermeintlich niedlichen Merkmalen sind voll im Trend. In den Sozialen Medien werden Französische Bulldoggen, Faltohrenkatzen & Co. regelrecht als „Stars“ verehrt. Was viele nicht wissen oder nicht wahrhaben wollen: Die Tiere leiden meist schrecklich unter den Folgen ihrer Qualzuchtmerkmale und führen ein Leben, das von Beeinträchtigung und Schmerz geprägt ist. Die OP-Kosten für die „Reparatur“ dessen, was zuvor krank gezüchtet wird, liegen schnell im vier- bis fünfstelligen Bereich. Die Kosten werden von Qualzucht-Haltern meist billigend in Kauf genommen. Aber es bleiben auch viele Tiere medizinisch unterversorgt – oder sie werden abgegeben oder ausgesetzt, wenn unvermeidbare Kosten entstehen.

Qualzucht – was bedeutet das?

Als Qualzucht werden Züchtungen bezeichnet, bei denen vorhersehbar ist, dass sie für das Tier oder dessen Nachkommen mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind. Eine Konkretisierung von „Qualzüchtungen“, inklusive zahlreicher Beispiele (u. a. Atemnot, Lahmheiten, Blindheit, Taubheit, verschiedene Fehl- und Missbildungen von Schädel, Kiefer, Gebiss etc.), finden sich in § 5 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes (TSchG). Wer Qualzüchtungen gemäß des TSchG vornimmt, erfüllt den Tatbestand der Tierquälerei.

Qualzuchtmerkmale, bzw. die dadurch auftretenden Symptome, schränken die Lebensqualität der betroffenen Tiere mit massiv ein und können sogar zu ihrem Tod führen. Nicht selten wird im Zuge der Qualzucht auch Inzucht betrieben, was zu weiteren genetischen Defekten und Missbildungen, inklusive organischen Schäden, führt.

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Gemeinsam mit dem Mops gilt die Französische Bulldogge als trauriges Symboltier für die Qualzuchtproblematik. Das angezüchtete „Kindchenschema“, mit extremer Verkürzung des Schädels (Brachyzephalie), führt zu Atemnot bis hin zum Erstickungstod. Gleichzeitig treten Problemen bei der Thermoregulation auf, die bei Hunden vorwiegend über den Mund/Rachenraum erfolgt. Die ebenfalls durch den verkürzten Schädel bedingten großen, hervorstehenden Augen machen die Französiche Bulldogge anfällig für Augenerkrankungen. Hinzu kommen Gelenk- und Hautprobleme. Letztgenannte durch vermehrte Faltenbildung im Gesicht. Die fehlende oder unnatürlich geringelte Rute geht nicht selten mit Wirbelsäulenschäden einher. Zudem fehlt mit der Rute ein Körperteil, das für die Kommunikation – insbesondere mit Artgenossen – wichtig ist.

Einige Qualzuchtmerkmale und ihre Folgen

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Kurzschnäuzigkeit  und damit einhergehende Verformungen von Augenhöhlen, Gehirn, Gebiss und Mittelohr und verhältnismäßig zu großer Zunge Folgeprobleme: Atemnot, Erstickungsanfälle, Anfälligkeit für Überhitzung, Überbiss, Probleme bei der Nahrungsaufnahme und Verdauung
⇒ Betroffene Rassen: Mops, Bulldogge, Pekinese, Boxer, Chihuahua, Shi-Tzu, Cavalier King Charles Spaniel, Perserkatze u. v. m.

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Rundköpfigkeit und damit einhergehend zu kleine und zu flache Augenhöhlen.
Folgeprobleme: Sogenannter „Wasserkopf“, natürlicher Geburtsvorgang erschwert oder unmöglich, hohe Verletzungsgefahr des Gehirns, Anfälligkeit für Augenverletzungen bzw. Herausfallen der Augen aus der Augenhöhle
⇒ Betroffene Rassen: Chihuahua, Cavalier King Charles Spaniel u.v.m.

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Kurzer oder fehlender Schwanz, bzw. extremer Ringelschwanz

Folgeprobleme: eingeschränkte Kommunikations- und Balancemöglichkeiten; Merkmal geht oft mit Wirbelsäulenschäden einher Balancemöglichkeiten.
⇒ Betroffene Rassen: Mops, Bulldogge, Manx-Katze, u.v.m.

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Extreme Hautfalten
Folgeprobleme: Entzündungen der Haut und Augen, Überdeckung der Augen
⇒ Betroffene Rassen: Shar Pei, Mops, Bulldogge, u.v.m.

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Haarlosigkeit oder dünnes Fell

Folgeprobleme: Schwierigkeiten, die Körpertemperatur zu halten, Gefahr von Sonnenbrand oder ständigem Frieren. Eingeschränkte Orientierungsmöglichkeiten durch Fehlbildungen oder Fehlen der Tasthaare (Vibrissen)
⇒ Betroffene Rassen: Nacktkatze, Rexkatze, Nackthund, u.v.m.

Qualzucht betrifft verschiedenste Tierarten

Wer meint, Qualzucht betreffe nur Haustiere, liegt leider falsch
– Angorakaninchen können sich durch ihre ständig nachwachsende Wolle kaum mehr bewegen und selbst pflegen
– weiße Tiger leiden unter Inzuchtfolgen wie Missbildungen
– Kühe werden auf so hohe Milchleistung gezüchtet, dass zu wenig Nährstoffe/Energie „in den Körper“ fließen (die Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes im Körper ist nicht möglich). Die Tiere verlieren im Zuge der Milchproduktion trotzt massiver Fütterung an Gewicht und mergeln völlig aus. Die extrem vergrößerten, schweren Euter verursachen Schmerzen und führen zu Fehlstellungen der Beine und Hüfte was ebenfalls Schmerzen bedingt
– Truthähne und Masthühner haben so viel Brustfleisch, dass sie sich kaum oder gar nicht mehr bewegen können
– mit unzähligen weiteren Beispielen könnten viele Seiten gefüllt werden

Qualzuchtrassen werden immer beliebter

Trotz aller Bemühungen zur Aufklärung ist die Nachfrage nach typischen Qualzuchtrassen weltweit ungebrochen. Ein klassisches Beispiel: die französische Bulldogge. Allein in Wien hat sich die Anzahl der gemeldeten Französischen Bulldoggen von 2012 bis 2023 verdreifacht. Gleichzeitig landen Vertreter von Qualzuchtrassen immer häufiger in Tierheimen, weil sich ihre Halter die Tierarztkosten nicht mehr leisten können.

Rechtliche Situation

In Österreich ist Tierschutz als Staatsziel verfassungsrechtlich verankert. Laut § 5 des Tierschutzgesetzes TSchG gilt Qualzucht als unzulässige Tierquälerei. In § 5 Abs. 2   sind zahlreiche Beispiele für Qualzuchtmerkmale bzw. Symptome aufgelistet.  
In der Novelle des TSchG, das am 01.01.2025 in Kraft trat, ist die Einrichtung einer wissenschaftlichen Kommission zur Umsetzung des Qualzuchtverbotes festgeschrieben.

Laut Qualzuchtkommission kommt es mit Inkrafttreten der Novelle des TSchG gemäß § 22 zu einer Konkretisierung der Verantwortung der Züchter von Heimtieren in Bezug auf die Vermeidung von Belastungen, welche durch eine ungenügende Zuchtplanung entstehen.

Die Umsetzung des Qualzuchtverbotes soll durch die Arbeit der Qualzuchtkommission realisiert werden. Wissenschaftliche Gutachten und Antworten sollen in Zukunft die Züchter, Landesbehörden und die Bundesgesetzgebung in Tätigkeit und Verantwortung unterstützen.

Für eine Trendumkehr braucht es dringend nachhaltige und konkrete Maßnahmen.

tierschutzverein tierschutzwissen schottische faltohrkatze Österreichischer Tierschutzverein
Die Schottische Faltohrkatze (Scottish Fold) boomt. Die Tiere haben von Geburt an nach vorne gekippte, geknickte Ohren. Der Grund: Eine schmerzhafte, unheilbare Erbkrankheit namens OCD (Osteochondrodysplasie), die zur Zerstörung des körpereigenen Knorpelgewebes führt. Die Krankheit betrifft den gesamten Körper und bereitet den Katzen ihre Leben lang schreckliche Schmerzen. Die Schmerzen beginnen bereits im Alter von nur wenigen Monaten. Zucht und Handel mit der Faltohrkatze sind in Österreich verboten. Dennoch schaffen sich Menschen diese Katzen illegal an.
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Man sieht ihm das große Leid kaum an, aber der Cavalier King Charles Spaniel ist eine der erblich meistbelasteten Hunderassen: Sein Schädel ist häufig zu klein für das Gehirn und blockiert den Abfluss des Hirnwassers. Der Flüssigkeitsstau steigert den Druck im Kopf, dies führt zu Nervenreizungen, Ausfallerscheinungen und starken Schmerzen. Zudem neigen diese Hunde zu Epilepsie sowie Rückenmarks-, Herz- und Augenerkrankungen.
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Sie spielen mit dem Gedanken, sich ein tierisches Familienmitglied nachhause zu holen?

Bitte lassen Sie sich nicht von äußeren Merkmalen zum Kauf eines Tieres verleiten. Informieren Sie sich vorab umfassend über eventuelle Anfälligkeiten für erbliche Gesundheitsprobleme Ihrer favorisierten Tierrasse. Vorsicht: auch ein Mischling aus Qualzuchtrassen erbt die Merkmale seiner Elterntiere und kann ein Leben lang darunter leiden.

Scheuen Sie sich nicht, bereits vor dem Tierkauf einen Tierarzt zu Rate zu ziehen und sich von Fachleuten beraten zu lassen. Das Team des Österreichischen Tierschutzvereins ist Ihnen gerne behilflich.

Helfen Sie mit!

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