Immer wieder kontaktieren uns aufgeregte Spaziergänger, Ausflügler oder Wanderer, die über den Fund eines scheinbar „hilflosen“ oder „verwaisten“ Jungvogels berichten. “Retten, mitnehmen und versorgen”, ist da oft der erste Instinkt. Gut gemeint – doch für die Vogelkinder nicht immer das Beste. Der Österreichische Tierschutzverein klärt auf, wann ein Jungvogel wirklich Hilfe braucht.
Nesthocker oder Nestflüchter?
Unterschiedliche Vogelarten haben unterschiedliche Verhaltensweisen. Die weltweit 11.000 Vogelarten lassen sich in „Nesthocker“ und „Nestflüchter“ unterteilen.
Die Jungvögel der Nestflüchter sind beim Schlüpfen schon relativ weit entwickelt. Sie können sofort sehen, hören, laufen und selbständig Nahrung aufnehmen. Deshalb entfernen sie sich schon am ersten Lebenstag von ihrem Nest. Gelegentlich landet ein Jungvogel auf dem Boden, wo er von Spaziergängern gefunden und (meist unnötigerweise) „gerettet“ wird.
Nesthocker kommen nackt und blind zur Welt, weshalb sie zunächst im Nest bleiben. Dort werden die Jungvögel von ihren Eltern gefüttert und umsorgt. Einige Arten verlassen ihr Heim noch bevor sie fliegen können, um die Umgebung des Nests zu erkunden. Nicht selten kreuzen sich die Wege der Jungen dabei mit aufmerksamen Tierfreunden, die den scheinbar verlassenen Jungvogel am liebsten sofort „retten“ möchten. Dabei ist das Vogelbaby weder verletzt noch in unmittelbarer Gefahr und das menschliche Eingreifen behindert es nur in seinem natürlichen Verhalten. Übrigens: Nachdem ihr Schützling das Nest verlassen hat, sind die Vogeleltern noch etwa zwei Wochen für seine Fütterung zuständig.
Jungvogel gefunden: wann helfen?
Die Überlebenschancen von Jungvögeln schrumpfen in menschlicher Obhut dramatisch. Zudem ist die Auswilderung äußerst schwierig. Tierfreunde sollten daher wirklich nur einschreiten, wenn ein Vogeljunges ganz offensichtlich in Gefahr ist oder verlassen wurde. Worauf Sie achten sollten, wenn Sie einen Jungvogel finden:
- Nest in der Nähe: Entdecken Sie ein Nest in der Nähe? Dann genügt es, wenn Sie den Jungvogel vorsichtig zurücksetzen. Vogelbabys dürfen Sie anfassen – im Gegensatz zu vielen anderen Wildtiereltern stören sich Vogeleltern nicht am Geruch der Menschen. Alternativ können Sie das Vogelbaby an einen nahgelegenen, vor Katzen und Witterung geschützten Ort setzen – etwa in eine Hecke, einen Strauch oder eine Baumkrone.
- Körpertemperatur: Wenn ein Vogeljunges unaufhörlich bettelt oder sich kalt anfühlt, braucht es sehr wahrscheinlich Ihre Hilfe.
- Abwarten und beobachten: Um sicherzugehen, dass ein kleiner Vogel wirklich verlassen wurde, sollten Sie ihn mindestens eine bis zwei Stunden lang beobachten. Lässt sich in diesem Zeitraum kein Muttertier blicken, ist das Kleine wohl auf menschliche Hilfe angewiesen.
Wann Sie Vogelkindern helfen sollten
Schnelle Hilfe ist angesagt, wenn:
- Sie einen nicht vollständig befiederten Nesthocker außerhalb seines Nestes finden.
- ein Nestflüchter offensichtlich nicht mehr von seinen Eltern gefüttert wird oder sich in einer Gefahrensituation befindet.
- ein Vogeljunges verletzt oder von einer Katze attackiert wurde (Antibiotikum empfehlenswert!).